„Wir fordern die Wiederzulassung der Totschlagfallen“ oder: Wenn ein Jagdfunktionär im Ausschuss entgleist…

Hochsitz_by_Dieter Schütz_pixelio.deEs war am 18. Januar, als die gegen das Ökologische Jagdgesetz gegründete Volksinitiative ihr Plädoyer für ihre Initiative im Umweltausschuss hielt. Nun liegt mittlerweile das Ausschussprotokoll vor und ich finde, dass es sich lohnt, da noch einmal hineinzuschauen und ein paar Ausschnitte zu dokumentieren. Denn der Auftritt des Herrn RA Thies im Ausschuss war durchaus denkwürdig und aus meiner Sicht peinlich für die Jägerinnen und Jäger.

Zu Beginn findet Herr Thies ein paar lobende Worte für die Initiative und meint, dass der Erfolg der Initiative zeige, dass etwas mit dem Gesetz „schiefgelaufen sein müsse“. Und ein Gesetz müsse die Akzeptanz der Normadressaten haben – im Klartext sollte das wohl heißen: wenn die Jäger kein anderes Gesetz wollen, darf man es auch nicht machen.Das offenbart schon eine interessante Auffassung, was ein Gesetzgeber darf und was nicht, aber dann legt der CDU-Bundestagskandidat erst so richtig los: Im Arbeitskreis zum Jagdgesetz im Ministerium seien die Jäger und Jagdrechtsinhaber in der Minderheit gewesen und man habe die Vorschläge des Jagdverbandes nicht hinreichend eingearbeitet. Aber am allerschlimmsten sei das parlamentarische Verfahren gewesen – in nur fünf Monaten sei das Jagdgesetz im „Schweinsgalopp“ durchgepeitscht worden. Das kann man aber nur dann so sehen, wenn man strikt zwischen der Phase der ministeriellen Erarbeitung des Gesetzestextes und der parlamentarischen Befassung trennt. Eine reichlich praxisferne Sicht der Dinge, an die der Jagdverband auch selbst nicht glaubt. Nicht umsonst hatte ich in den Jahren 2012 bis 2015 etliche Treffen und Gespräche mit dem Jagdverband, den Eigenjagdverbänden usw. zum Thema Jagdrechtsnovelle. Und selbstverständlich kann man nach einer solchen langen Phase der Beschäftigung mit der Jagdthematik einen Gesetzentwurf innerhalb von fünf Monaten  verstehen und gegebenenfalls anpassen. Wobei der Entwurf schon am 16. September 2014 das Kabinett passiert hatte und spätestens da allen Landtagsabgeordneten bekannt war. Bis zur Verabschiedung Ende Mai 2015 waren es also in Wirklichkeit nicht nur fünf, sondern achteinhalb Monate, die die Fraktionen über den Gesetzestext beraten konnten.

Seine Verärgerung packte der Justitiar des Landesjagdverbandes dann in folgende Worte:

„Hier wurde das Jagdrecht in Nordrhein-Westfalen vergewaltigt.“

Selbst wenn man – aus meiner Sicht fälschlicherweise – meint, dass der Landtag sich nicht lange genug mit dem Jagdgesetz beschäftigt  hat, so ist ein solcher Satz für mich eine komplette sprachliche Entgleisung.

Auch sein nachfolgender Vorwurf, es habe nur ein Drittel der Ausschussmitglieder von SPD und Grünen der Anhörung zum Jagdgesetz beigewohnt, zeigt allenfalls, dass er von der parlamentarischen Praxis und dem hohen Grad der Spezialisierung jedes einzelnen Abgeordneten wenig Kenntnis hat. Bei allen Fraktionen nehmen regelmäßig nur diejenigen Abgeordneten an einer Fachanhörung teil, die den jeweiligen Beratungsgegenstand auch betreuen. Beim Jagdgesetz war dies zugegebenermaßen bei der CDU etwas anders: Da war sogar der Fraktionsvorsitzende Armin Laschet anwesend – allerdings nur genau so lange, bis das entsprechende Foto gemacht war. Und schwuppdiwupp – sofort war der Herr Laschet auch schon wieder weg…

Dass Herr Thies ein völlig normal abgelaufenes Gesetzgebungsverfahren, das insgesamt sogar eine tendenziell lange Beratungsphase hatte, sogar als „abstoßendes Beispiel  für eine schlechte Debatten- und Parlamentskultur“ meint bewerten zu müssen, spricht wohl eher für sich und lässt ihn als extrem schlechten Verlierer dastehen.

Wie verquer die Spitze des Landesjagdverbandes denkt, mag auch ein Blick auf die dann folgende Passage über konkrete Forderungen zeigen. Während man über einzelne Forderungen sicher diskutieren kann, wie z.B. die Forderung nach Ausweitung des Liste der jagdbaren Arten, einer Chippflicht für Katzen oder die Regelung für einzelne Schonzeiten, so zeigt seine Forderung zur Fallenjagd, wie wenig kompromissbereit der LJV hinsichtlich einer modernen Jagd war und ist:

„Die Regelungen zur Fangjagd sind ebenfalls nicht praxisgerecht. Wir fordern die Wiederzulassung der Totschlagfallen. Diese fangen human und tierschutzgerecht und sind nach internationalen Standards zertifiziert. Ihr Einsatz ist zur Regulierung der nachtaktiven Beutegreifer unverzichtbar.“

Während sehr viele Jägerinnen und Jäger mittlerweile das Verbot der Totschlagfallen ohne Lamento akzeptieren, sind diese für Herrn Thies „unverzichtbar“. Wie soll die Jagd aber die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz erreichen, wenn solche Köpfe den Landesjagdverband in NRW repräsentieren?

Dass zum Schluss Herr Thies auch noch meint, dass neue Jagdrecht in NRW als „antidemokratisch“, „reaktionär“ und „eigentumsfeindlich“ bewerten zu dürfen, überrascht dann wohl niemanden mehr. Übrig bleibt allerdings für mich die Frage, mit wem der Landesjagdverband eigentlich meint, in Zukunft über die Jagd und jagdgesetzliche Regelungen in Nordrhein-Westfalen sprechen zu können? Mit mir hat es sich der Vorstand mit dieser Vorstellung jedenfalls einmal mehr verscherzt…..

Was ich von seinem Vortrag halte, habe ich Herrn Thies in der Ausschusssitzung auch noch direkt geantwortet:

„Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Herr Thies, ich versuche, es auch kurz zu machen. Ihre Rede, mein Kollege hat ja von eindrucksvoll gesprochen, ich kann Ihnen nur auf den Weg mitgeben: Ihre Rede hat mich stark daran erinnert, wie schwierig es in der gesamten Phase der Debatte über das Landesjagdgesetz war, mit Ihnen sachlich, fachlich dieses Gesetz zu diskutieren. Das, was Sie gerade eben hier abgeliefert haben, war eine emotionale Rede, das mag dem geschuldet sein, dass Sie schon im Wahlkampfmodus sind, das sei Ihnen auch zugestanden.
Was ich aber bedenklich finde, das sage ich Ihnen auch, waren Teile und Wörter, die Sie in Ihrer Rede verwendet haben: Wir würden verhöhnen, unser Gesetz sei antidemokratisch, sei reaktionär, sei perfide, bis hin zu der Aussage, dass Sie gesagt haben: Wir hätten das Landesjagdgesetz vergewaltigt. Ich finde, manchmal muss man sich gut überlegen, welche Wörter man in welchem Kontext benutzt, und manche Wörter sollte man gar nicht verwenden. Das kann ich Ihnen nur mitgeben für Ihre vielleicht ja zukünftige Arbeit im Deutschen Bundestag für die CDU.“

Quelle:
https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMA16-1578.pdf

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