„Es gibt kein Gesetz, zu dem wir in den letzten Jahren so viele Gespräche mit Betroffenen geführt haben….“ Rede zur Volksinitiative zum Jagdgesetz in NRW

Norwich_26042013Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist erneut das Landesjagdgesetz Thema hier im Plenum. Die Volksinitiative hat das erreicht, und natürlich sind wir Grünen gern bereit, heute noch einmal über das Jagdgesetz zu diskutieren. Dazu waren wir von Anfang an bereit.

Wir haben mit allen Akteuren gesprochen, die dieses Landesjagdgesetz betrifft. Wir haben mit dem Landesjagdverband gesprochen, wir haben mit dem Verband der Eigenjagdbesitzer gesprochen, mit dem Grundbesitzerverband, mit den Berufsjägern, wir haben mit den Hundezüchtern gesprochen, wir haben wir mit den Bauernverbänden gesprochen, wir haben mit den Naturschützern gesprochen, wir haben auch mit dem Tierschutz gesprochen. Es gibt kein Gesetz, zu dem wir in den letzten Jahren so viele Gespräche mit Betroffenen geführt haben wie zu diesem Gesetz. Kein anderes Gesetz haben wir so lange beraten.

Wir haben auch von Anfang an dem Landesjagdverband ein gutes Angebot zur Zusammenarbeit gemacht. Eines dieser Angebote war der Arbeitskreis Jagd- und Naturschutz. Dort gab es – daran erinnere ich mich gut, weil man ja mitbekam, was da passierte – zunächst sehr wohl eine konstruktive Zusammenarbeit im gemeinsamen Interesse. Da wurden Probleme klar benannt, und es wurde auch gemeinsam nach Lösungen gesucht.

Aber weil das so war, weil sich der Vertreter, der zunächst in diesem Arbeitskreis des Landesjagdverbandes saß, so konstruktiv beteiligt hat, wurde er vom Landesjagdverband kurzerhand abgezogen und durch einen Hardliner ersetzt, weil man nämlich diesen konstruktiven Dialog eigentlich gar nicht wollte. Das ist ein kleines Beispiel dafür, dass der Landesjagdverband im Grunde von Anfang an kein wirkliches Interesse hatte, dieses Landesjagdgesetz konstruktiv mit uns zu diskutieren.

Das waren auch keine Einzelfälle. Ich erinnere nur an das Schreiben der Gothaer Versicherungen, worin sich solche Behauptungen fanden wie: wir wollten die Niederwildjagd komplett abschaffen. Das stand wortwörtlich darin. Das stand nie zur Debatte, das wusste auch jeder Akteur; aber schreiben kann man es ja mal, um die Leute auf die Bäume zu bringen. Ich könnte viele weitere Beispiele dafür nennen. Es gab eine ganze Kette von Beispielen, wo ich sagen würde: Das waren schon Entgleisungen. – Der absolute Höhepunkt an Entgleisung aus unserer Sicht war der Auftritt von Herrn Thies am 18. Januar dieses Jahres im Umweltausschuss. Herr Thies hat diesen Auftritt im Umweltausschuss nicht genutzt, um die Ziele der Initiative darzustellen, sondern dazu, um zu provozieren, und er hat ihn genutzt – das klang eben schon an –, um sich selbst zu profilieren.

Damit auch alle wissen, was dort gesagt wurde, will einmal daran erinnern, was er dort gesagt hat. Er hat – ich zitiere – gesagt, dass das Jagdrecht in Nordrhein-Westfalen vergewaltigt worden sei. Er hat gesagt, das Verfahren sei antidemokratisch, das Verfahren sei ein abstoßendes Beispiel für eine schlechte Debatten- und Parlamentskultur. Er hat am Ende auch noch gesagt, dieses Gesetz zeige Elemente eines Überwachungsstaates.

Ich finde, „Überwachungsstaat“ ist schon ein hartes Wort. Wir sollten alle zusammen aus unserer Geschichte besser wissen, was wirklich ein Überwachungsstaat ist. Hier diesen Vergleich zu ziehen, finde ich unverschämt. Ich erwarte auch eine Entschuldigung von Herrn Thies für diese Worte, die er dort im Ausschuss gesagt hat. Das war unangemessen und unanständig.

Der Landesjagdverband erwartet von uns immer, dass wir mit ihm in den Dialog treten. Aber ich frage mich: Wie kann man denn diese Erwartungshaltung an uns haben, wenn man selbst solche Beiträge bringt?

Meine Damen und Herren, wir leben in unruhigen politischen Zeiten. Wir sollten alle gemeinsam ein Interesse daran haben, die Debattenkultur, die politische Kultur in diesem Land hochzuhalten. Das heißt für mich, dass man in einer Demokratie unterschiedliche Meinungen und unterschiedliche Wege, die man gehen will, akzeptieren muss, weil es eben unterschiedliche Interessen gibt.

Es gibt unterschiedliche Blickwinkel auf die Dinge, und da ist, mein lieber Herr Schmitz, Ihr Entschließungsantrag überhaupt keine Hilfe. Wenn Sie dort hineinschreiben, es sei das ausschließliche Interesse gewesen, mit diesem Jagdgesetz den guten Ruf der Jäger zu beschädigen, dann ist das doch eine blöde Unterstellung!

Ich hätte mich gefreut, wenn der Landesjagdverband die Arbeit konstruktiv aufgenommen hätte und mit uns gemeinsam schauen würde – in jedem Gesetz gibt es Webfehler –, wie man das Gesetz positiv nach vorn entwickeln kann.

Mein Eindruck ist, dass die meisten Jäger vor Ort viel weiter sind als die Spitze des Landesjagdverbandes, und dass sie mit den Neuerungen mittlerweile gut leben können. Die Abschusszahlen des letzten Jahres zeigen auch, dass in der Jagd weiterhin alles möglich ist, dass eine gute Jagd möglich ist – allerdings unter Berücksichtigung von mehr Tierschutz. Dagegen kann eigentlich niemand etwas haben. – Vielen Dank

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