Neue Stoffstrombilanz – eine verpasste Chance für den Umweltschutz

Mit der heutigen Entscheidung im Bundesrat nimmt die jahrelange Debatte um die Düngeverordnung ein Ende – allerdings ein enttäuschendes. So wichtig eine Stoffstrombilanz ist, so unzureichend ist nun deren finale Ausgestaltung.

Durch die Stoffstrombilanz sollen Betriebe künftig die zugeführten und abgegebenen Mengen an Stickstoff und Phosphor bilanzieren und bewerten. Dabei müssen sie Nährstoffe, die sie zum Beispiel durch Futtermittel und Saatgut ihrem Betrieb zuführen, dokumentieren und mit den Mengen vergleichen, die über pflanzliche und tierische Erzeugnisse wie Gülle, Wirtschaftsdünger, Futtermittel, Saatgut und Nutztiere den Hof wieder verlassen.

Diese neue Regelung soll dazu beitragen, die aufgetragenen Nährstoffmengen zu beurteilen, um somit der anhaltend hohen Grundwasserbelastung durch Nitrat und Stickstoff entgegenzuwirken. Die EU hat Deutschland bereits wegen zu hoher Nitratbelastungen im Grundwasser verklagt und auch die Wasserversorger klagen seit Langem darüber, dass die Wiederaufbereitung des Grundwassers zunehmend aufwendiger und somit kostspieliger wird. Diese steigenden Kosten tragen bislang Verbraucherinnen und Verbraucher, denn das Verursacherprinzip findet hier leider keine Anwendung.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat das Verfahren verzögert und durch seinen heute verabschiedeten Kompromissvorschlag, effektive Reglungsvorschläge aufgeweicht. Mit den geschaffenen Wahlmöglichkeiten der Bilanzierung und der Anlage 4 (Nährstoffverluste) wurden gleich zwei deutliche Verschlechterungen verabschiedet, die man im Interesse des Gewässer- und Umweltschutzes nur ablehnen kann. Man wird den Verdacht nicht los, dass hier für extrem viehstarke Betriebe wieder neue Schlupflöcher geschaffen wurden, die dafür sorgen werden, dass es weiterhin zu hohen Nährstoffeinträgen in die Umwelt kommen wird. Aus diesem Grund gibt es auch aus der Agrarwissenschaft erhebliche Kritik an der Form der nun verabschiedeten Stoffstrombilanz. Und gerade aus nordrhein-westfälischer Sicht wäre ein stringentes Vorgehen notwendig, weil unsere Grundwasserkörper zu den am meisten mit Nitrat belasteten in ganz Deutschland gehören.

Die ganz überwiegende Mehrheit der Bäuerinnen und Bauern will mehr für den Gewässer- und Umweltschutz tun. Daher haben sie auch kein Interesse an weiteren Ausnahmeregelungen, die den Umweltschutz aushöhlen. Die Bäuerinnen und Bauern verlangen allerdings, dass die Stoffstrombilanz praxisnah ausgestaltet wird und für den einzelnen Betrieb einfach zu handhaben – „machbar“ – ist. Durch die unterschiedliche, betriebsindividuelle Betrachtung wird der bürokratische Aufwand für die Landwirte und Verwaltung unnötig erhöht werden, auch das Vorhaben der besseren Transparenz und Nachvollziehbarkeit wird nicht erfüllt. Notwendig wäre es stattdessen, dafür zu sorgen, dass die Nährstoffströme der mit Blick auf den Gewässerschutz besonders problematischen Betriebe exakt erfasst werden, während hingegen anderen Betriebe vor einem überzogenen Regelungswerk verschont werden.

Aufgabe der kritischen Politik muss es sein, Regeln zum Schutz und Wohle aller einzufordern. Diese lasche Verordnung ändert daran allerdings nur wenig – die angenommene Verordnung bleibt weit hinter ihren Möglichkeiten zurück.

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