Zur Zukunft der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung – ein Rückblick auf eine Veranstaltung auf Haus Düsse

hausduesse_15062015Die Halle auf Haus Düsse war rappelvoll – etwa 400 Landwirtinnen und Landwirte waren auf Einladung des Landwirtschaftsministeriums und der Landwirtschaftskammer gekommen, um über das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik (WBA) über die landwirtschaftliche Nutztierhaltung zu diskutieren. Dass so viele der Einladung gefolgt sind, zeigt, wie sehr diese Frage der Landwirtschaft unter den Nägeln brennt. Genau aus diesem Grund hatte ich auch gemeinsam mit Friedrich Ostendorff diese Veranstaltung angeregt. Wir brauchen einen gesellschaftlichen Diskurs über die weitere Entwicklung der Tierhaltung. Und dazu gehört meines Erachtens auch, dass sich die Landwirtschaft an dieser Stelle intensiv einbringt. Hier wurden meine Hoffnungen gestern allerdings absolut enttäuscht. Der „Auftritt“ des Vorsitzenden des sogenannten Veredlungsausschusses des WLV, Herr Beringmeier, war bezeichnend. Anstatt sich konstruktiv in die Debatte zur Zukunft der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung einzubringen, hagelte es Pauschalvorwürfe in Richtung Politik und Wissenschaft. Dem Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Beirates, Prof. Dr. Harald Grethe warf er vor, keine Ahnung von der landwirtschaftlichen Praxis zu haben und die „Drecksarbeit der Grünen“ zu erledigen. Der Rest war Defensivarbeit und weiterer Populismus. Abgesehen davon, dass Prof. Grethe eine landwirtschaftliche Ausbildung genossen hat, wissen wir alle eigentlich, dass man ein gutes Mittelfeld und auch Stürmer braucht, um Spiele für sich zu entscheiden. Auf dieser Veranstaltung standen jedoch – um im Fußballbild zu bleiben – alle elf Spieler des Bauernverbandes im eigenen Tor.

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Wenn der Bauernverband sich weiterhin auf diesem Niveau in die aktuelle Debatte einbringt, dann werden die Entscheidungen in den nächsten Jahren wohl maßgeblich ohne ihn ablaufen. Insofern ist auch die mehrfach geäußerte Aufforderung (u.a. Friedrich Ostendorff, MdB, Dr. Thomas Delschen, LANUV-Präsident) an den Bauernverband, sich nicht in die Schützengräben zurückzuziehen, sondern die Wagenburg endlich zu verlassen, absolut richtig. Denn schließlich steckt in dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates auch eine große Chance für die Landwirtschaft. Der WBA zeigt einen Weg auf, wie ein Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung zu deutlich mehr Tierschutz gelingen kann, ohne dass dafür am Ende die Tierhalter alleine die Zeche zahlen. Das Gutachten will die Mehrkosten auf mehrere Pfade (u.a. Umverteilung der EU-Agrarprämien) verlagern und auf mehrere Schultern verteilen, so dass die Umsetzung für die Betriebe auch wirklich machbar ist. Der Gewinn aus dem Umbau der Tierhaltung wäre für die Landwirtschaft ein doppelter: einerseits würde sich so die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung wieder deutlich verbessern, andererseits zusätzlich über die notwendige, intensivere Betreuung der Tiere der derzeit extreme Rationalisierungs- und Wachstumsdruck abmildern lassen. In der abschließenden Diskussion und in den Gesprächen nach der Veranstaltung war die tiefe Verunsicherung unter den Schweinehaltern deutlich spürbar. Es hagelte Vorwürfe an die Politik, zu viele Auflagen zu machen und zu oft die Richtung zu ändern. Hier scheint mir allerdings Autosuggestion das Kernproblem zu sein – in der schon weiter oben erwähnten Wagenburg bestätigt man sich immer gegenseitig seine Meinung und nimmt die Veränderungen und Positionen außerhalb zu wenig oder gar nicht wahr. Denn es handelt sich bei der andauernden Tierwohldebatte nicht um eine momentane  „Stimmung“, die vom vollen oder leeren Geldbeutel abhängt, wie uns auch der CDU-Abgeordnete Ortgies wieder klar machen wollte, sondern um eine tief verwurzelte und insbesondere die jüngeren Generationen beschäftigende ethische und moralische gesellschaftliche Auseinandersetzung.

Deshalb ist der Bauernverband jetzt auch in der Verantwortung, nicht nur Demonstrationen zu organisieren, sondern sich aktiv in die Debatte einzumischen und Vorschläge zu machen, wie der Umbau vollzogen werden könnte. Ich habe meinen Vorschlag deutlich geäußert: Für mich steht es jetzt an, Haus Düsse zu einem „Deutschen Zentrum für nachhaltige Tierhaltung“ umzubauen. Anstatt Leistungstest muss der zukünftige Arbeitsschwerpunkt darauf liegen, wie wir optimale Bedingungen für die Tiere bei gleichzeitig guten Arbeitsbedingungen für die Bäuerinnen und Bauern schaffen. Erste Ansätze hierzu konnte ich bei der der Veranstaltung vorgeschalteten Besichtigung sehen – das ist aber mit Sicherheit noch weiter ausbaufähig!

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