„Geboren“ oder doch nur „Aufgezogen“? – Vom Täuschen und Tarnen in der Schweinebranche

FerkelherkunftIn Deutschland werden Jahr für Jahr knapp 30 Mio. Schweine gemästet. Davon wurden etwa 75% in Deutschland geboren. Jedes vierte „deutsche“ Schwein ist keines, sondern wurde als Ferkel aus den Niederlanden oder aus Dänemark importiert. Seit Anfang April müssen die Schweinemäster nun bei jeder Lieferung an den Schlachthof angeben, woher die Ferkel stammen. Angesichts der Tatsache, dass immer mehr VerbraucherInnen wissen wollen, wie die Tiere gehalten wurden und woher sie kommen, ist das ein Problem für die Fleischbranche. Aber genauso, wie sich die Branche dagegen wehrt, Fleisch endlich eindeutig nach Haltungsformen zu kennzeichnen – ähnlich wie wir es von Eiern kennen -, so verweigert man klare Auskünfte über die Herkunft der Schlachtschweine.
Erwarten würde man nämlich, dass Schlachtschweine aus dänischen Ferkelherkünften  so gekennzeichnet werden: „geboren: DK, gemästet: D“ und Schweine, die in Deutschland geboren und gemästet wurden, so: „geboren: D, gemästet: D“. Wäre die Kennzeichung so eindeutig, würde das aber vermutlich zu unangenehmen Fragen – z.B. hinsichtlich der Ferkeltransporte – führen.Also hat sich die Branche mal wieder etwas ganz Schlaues überlegt: Eine (fast) eindeutige Kennzeichnung erhalten nur diejenigen Importferkel, die mit mehr als 30 kg nach Deutschland importiert worden sind. Dann muss dort nämlich „aufgezogen in mehreren Mitgliedsstaaten der EU“ stehen.

Wenn die Ferkel aber mit einem Gewicht unter 30 kg nach Deutschland importiert werden, kann die Herkunft verschwiegen werden und es steht nur noch „aufgezogen in Deutschland“ auf dem Begleitschein.
Zwar hat das Schwein dann etwa ein Drittel seiner Lebenszeit gar nicht in Deutschland verbracht, aber das ist egal – Hauptsache, das System passt weiterhin für die großen Schlachthofkonzerne und Fleischverarbeiter.

Dabei verlangt die VerbraucherInnen eigentlich eine eindeutige Kennzeichung und diese wäre auch eine Riesenchance für unsere heimischen Ferkelerzeuger. Denn das „geboren in Deutschland“ wäre ein echter Mehrwert, den jedes heimische Ferkel gegenüber den importierten Ferkeln hätte. Der Bauernverband will ja immer wieder weismachen, dass es die Politik ist, die mit „überzogenen“ Auflagen, kleinere Sauenhalter zur Aufgabe zwingt. Nur ist diese Begründung falsch. Richtig ist, dass die Schweinemast mittlerweile in Dimensionen betrieben wird, dass immer größere Ferkelpartien verlangt werden. Die „passenden“ Betriebsstrukturen gibt es in der Sauenhaltung in Dänemark und in den Niederlanden, hierzulande dagegen eher nicht. Viele Sauenhalter steigen deshalb aus der Schweinehaltung ganz aus, oder stellen selbst auf Mast um oder betreiben ihren Betrieb als geschlossenes System (Mast der eigenen Ferkel). Damit wird der Selbstversorgungsgrad mit heimischen Ferkeln wohl auch in Zukunft weiter abnehmen.

Perspektivisch wird aber auch im Schweinebereich mit Sicherheit eine klare Kennzeichnung kommen. Angesichts der Fleischskandale in den letzten Jahren, dem eindeutigen Wunsch vieler VerbraucherInnen, zu wissen, woher das gekaufte Fleisch stammt, ist der Gesetzgeber wohl gefordert, eine eindeutige Kennzeichnung der Herkunft und der Haltungsformen durchzusetzen. Denn am Ende wird nur Transparenz dafür sorgen, dass längst verloren gegangenes Vertrauen der Kunden wieder zurückgewonnen werden kann. Dass die Fleischbranche dazu selbst nicht in der Lage und auch nicht willens ist, zeigt sich einmal mehr an dieser Stelle.

Ps: Vermutlich kann man mit solchen Importschweinen sogar noch prima regionale Vermarktung betreiben: Ferkel aus Dänemark – Futter aus Brasilien – aber was soll’s – immerhin bleibt ja die Scheiße größtenteils in der Region…..

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