Durchbruch oder Schiffbruch? Die neue Düngeverordnung

Gülle_tutto62_pixelio.deNach jahrelangen Verhandlungen, zeitweiligem Stillstand und zunehmendem Druck aus Brüssel befindet sich die neue Düngeverordnung auf der Zielgeraden. Nur zur Erinnerung: Der erste Entwurf der DüngeVO wurde eingebracht als der jetzige Kanzleramtsminister Altmaier noch Bundesumweltminister war.
Dass die Novelle notwendig ist, bezweifelt kaum jemand. Zu deutlich sind die seit Jahrzehnten stabil auf hohem Niveau verharrenden Nitratwerte. Seit Ende der 70er Jahre ist die Problematik zu hoher Nitratwerte bekannt, sie sind eine Folge des steigenden Düngemitteleinsatzes, der wachsenden Konzentration der Viehhaltung sowie der Umstellung von Festmist- auf die Güllewirtschaft.
Besonders problematisch ist dabei das Zusammentreffen dreier Faktoren: Güllewirtschaft, Viehkonzentration und Sandböden. Gerade dort, wo diese Faktoren aufeinandertreffen, entstehen hohe Nitratbelastungen, die oftmals bis heute andauern.

Klar ist, dass sich die Bauern auf strengere Regeln einstellen müssen. Für größere Betriebe wird die Hoftorbilanz kommen, die Düngeplanung muss verbessert werden, die Dokumentationspflichten werden erweitert und die Sperrfristen werden ausgedehnt. Die Frage ist aber, ob diese Maßnahmen tatsächlich etwas bringen werden? Sicher ist, dass die zunehmenden Gülletransporte aus den Veredlungsgebieten zu einer Entlastung führen werden. Dies gilt auch für die Gärreste aus den Biogasanlagen, die nun ebenfalls wie tierische Exkremente behandelt werden sollen und unter die 170 kg N/ha fallen. Dadurch werden die Nährstoffexporte aus den Veredlungsregionen nochmals ansteigen – allein für das Münsterland rechnet man damit dass etwa 25.000 – 30.000 ha zusätzlich benötigt werden, um die Gärreste zukünftig ordnungsgemäß verwerten zu können.

Aber werden diese Maßnahmen ausreichen, um die Nitratwerte endlich deutlich zu verbessern? Zu befürchten ist, dass dies nicht geschieht. Anstatt sogar noch für Festmist eine Sperrfrist einzuführen – die inhaltlich aufgrund der stabilen Stickstoffverbindungen in Mist und Kompost kaum begründbar ist – wäre es sinnvoller, den praktischen Umgang mit der Gülle zu verbessern.
Immer wieder wird seitens der Landwirtschaft betont, dass Gülle ein wertvoller Dünger sei, der ähnlich wie Mineraldünger wirke und diesen ersetzen könne. Das ist auch richtig, aber wenn das so ist, dann müsste Gülle auch ähnlich wie dieser eingesetzt werden.
Geübte landwirtschaftliche Praxis ist aber nach wie vor, dass Gülle in großen Mengen ausgebracht wird, anstatt sie wie Mineraldünger in mehreren Gaben passend zum Nährstoffbedarf der Pflanzen aufzuteilen. Gerade auf Sandböden wäre dies wichtig, weil hier das Auswaschungsrisiko enorm ist. Und die zunehmenden Starkregenereignisse werden dieses Risiko in den nächsten Jahrzehnten nochmals deutlich erhöhen. Genauso wichtig wird es sein, die Bodenqualitäten stärker zu berücksichtigen und den Einsatz entsprechend zu optimieren. Gerade auf leichten Sandböden ist zu überlegen, ob die 170 kg N/ha alleine aus Gülle gedüngt werden dürfen, oder ob nicht eine Mischung aus stabilen Stickstoffdüngern (Festmist, Komposte) und leicht löslichen Stickstoffverbindungen (Gülle, Mineraldünger) hier in Zukunft die bessere Lösung ist?

Und schließlich führt auch kein Weg daran vorbei, endlich die vorhandenen Stickstoffeinträge aus der Luft regional zu berücksichtigen. Es kann nicht länger richtig sein, dass Bauern Stickstoffverluste aus Lüftungsemissionen, Lagerung und Ausbringung bei der Düngeplanung einkalkulieren können und dieser Stickstoff damit rechnerisch „verschwindet“. In Wirklichkeit bleibt dieser Stickstoff natürlich, er fällt aus der Luft wieder auf den Boden zurück und entfaltet dort seine Düngewirkung. Für die Veredlungsregionen heißt dies konkret, dass dort enorme Stickstoffmengen – v.a. aus den Lüftungskaminen der Stallanlagen – emittiert werden, die eine Belastung von ca. 50 kg N/ha bedeuten. Dieser Stickstoff muss endlich mitberücksichtigt werden, wenn eine Überdüngung vermieden werden soll.

Eines ist jedenfalls klar, eine weitere Überdüngung unserer Böden können wir uns nicht mehr leisten. Die Artenvielfalt leidet derzeit erheblich unter den hohen Stickstoffeinträgen und unser Grundwasser muss vor weiteren Einträgen geschützt werden. Bislang hat das sogenannte Pyrit noch einen erheblichen Teil der Stickstoffüberschüsse abgebaut, wodurch das Grundwasser teilweise noch geschützt wurde. Dieser „Zaubervorrat“ im Boden ist weitestgehend aufgebraucht – zukünftige Nitratauswaschungen gelangen also ungefiltert in das Grundwasser. Auch deshalb ist eine effektive Düngeverordnung ein Muss – allerdings scheint hier bei der aktuellen Novelle noch einiges zu fehlen: Weniger Bürokratie und dafür mehr konkrete Handlungshinweise an die Landwirtschaft wären aus meiner Sicht der bessere Weg. Ansonsten bleibt zu befürchten, dass es bei den Nitratwerten auch in Zukunft Schiffbruch geben wird.

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